Montag, 11. November 2013

Ein paar kurze Eindrücke aus der Zenzeleni Schule

 Eine Pyramide aus Kindern, fast alle Klassenstufen haben mitgemacht!

Die neue Schaukel an der Schule, von uns Freiwilligen gebaut und seitdem viel genutzt.

Soziales Miteinander in Khayelitsha

Die Menschen in meiner Nachbarschaft, Kulani-Park in Khayelitsha, zeigen tagtäglich eine bewundernswerte Hilfsbereitschaft. Wenn es jemandem nicht gut geht, dann ist der erste der das sieht auch zur Stelle und hilft womit er kann.
Wenn die arbeitslosen in der Nachbarschaft Geld brauchen, dann werden sie für ein paar Tage bei denjenigen angestellt, die eine feste Arbeit haben. Dann wird der Zaun für ein paar Rand von Farbe befreit oder ähnliches. Auch bei meiner Gastfamilie arbeitet unter der Woche ein etwas heruntergekommener Kerl, der aber davon absieht sich kriminell irgendetwas zu beschaffen. Lieber arbeitet er und macht eine Einfahrt zu dem Haus von meiner Gastfamilie. Dafür gibt es dann ein paar Rand, gerade so viel, dass er davon leben kann.
Allerdings gibt es hier Regeln, nicht geschrieben, aber jeder hält sich daran. Es gibt klare Regelungen was welche Altersgruppe machen darf, wer mit wem zu tun haben darf. Nachdem ich mit ein paar gleichaltrigen Jugendlichen etwa vor einem Monat immer mehr gemacht hatte, nahm mich Nathi, ein guter Freund mittlerweile, zur Seite. 

Er sagt mir, dass ich mich entscheiden müsse ob ich mit zu den Goodfellaz gehören möchte oder nicht. Denn wenn dem so wäre, dann könnte ich nicht so viel mit ihm, Bonani und ein paar anderen gleichaltrigen machen. Mittlerweile habe ich ein ganz gutes Maß gefunden, den Goodfellaz nicht den Rücken gekehrt, ich mache aber mehr mit Nathi und Bonani, die zwei Häuser weiter und gegenüber wohnen. Noch weiter unterteilt sind die Jugendlichen meines Alters in welche, die Drogen nehmen (vor allem Chrystal Meth rauchen) und die die es nicht tun. Es gibt keinen Streit unter den beiden Gruppen, aber wenn einer von den Junkies abends mit meinen Jungs rumhängt, dann wird er auch schon mal vom Grundstück geschmissen. Sehr besorgt und nett sagen mir Nathi und Bonani, vor allem aber auch meine Gastfamilie wo ich mit wem hingehen kann und wo nicht.
Sam habe ich mit zum Stadion genommen, zum Spiel Kaizer Chiefs gegen Ajax Capetown. Das war kein Problem aus Sicht von Nathi und Bonani sowie der restlichen Jungs, die mir diese Regel gestellt haben. Ich kann abends am Wochenende mit den Jungs in der Nachbarschaft etwas unternehmen, wir sind eine große Gruppe und ich fühle mich super sicher.
Das Fußballspiel war ein Muss, bei den Kaizer Chiefs spielt nämlich mein absoluter Lieblingsspieler: Tshabalala! Er war der erste Torschütze der WM in Südafrika. Das Photo aus der Sueddeutschen erinnere ich als wäre es gestern gewesen. Tshabalala hat gerade den Ball berührt, er befindet sich in der Luft, jeder Muskel seines Körpers ist gespannt. Das Spiel war nicht so klasse, die Chiefs haben verloren.
Neben all dem schönen gehen hier im Township schreckliche Dinge vor sich. Ein wenig weiter die Straße runter wurde ein Einfahrtstor zu einem kleinen Haus geklaut. Das passiert, weil arme Menschen aus den noch heruntergekommeneren Teilen Geld brauchen. Dann bedienen sich einige da wo es gerade geht...
 Die Straße in der ich wohne
Diesen Vorgang hat eine Frau aus meiner Straße beobachtet, so bekamen die Besitzer des gestohlenen Tores den Namen und die Adresse des Diebes. Der wurde dann gepackt und zur Polizei gebracht. Die hat ihn nach fünf Minuten wieder laufen lassen. Dieser Dieb lief dann provokant durch die Straße als wollte er sagen "ihr könnt mir gar nichts!". Die sehr wütenden Bewohner schnappten sich den Dieb und zwängten ihn in ein Auto, begannen ihn zu würgen. Dieser zappelte im Auto herum und war nachher kaum noch im Stande zu reden. Dann wurde der Kerl aus dem Auto gezogen und an die Garage mit dem geklauten Gate gestellt. Ein Mann packte seinen Kopf und schlug ihn gegen die Garagenwand und mit den Fäusten ins Gesicht, währenddessen sammelten sich immer mehr Menschen um den Dieb, ich verzog mich mit ein paar freunden in eine Einfahrt. Die Menschenmenge begann mit Ziegelsteinen auf den Kopf des Kerls einzuschlagen, eine Bewohnerin holte ein großes Messer und stach auf die Arme und den Rücken des Diebes ein. Halb ohnmächtig konnte dieser sich vor nichts schützen. Er wurde zu Boden geworfen, jeder durfte auf ihm herumtrampeln und ihn treten. Mit einer Peitsche wurde ihm ins Gesicht geschlagen, tiefe Rillen zogen sich durch sein Gesicht. Irgendwann verriet er den Namen des Mittäters und während ihn die einen zu der Adresse schliffen holten andere kochendes Wasser und gossen es über dem halb leblosen Körper. Ich musste das alles von meiner Einfahrt mitansehen, diskutierte derweil mit den Jugendlichen ob das gerechtfertigt ist oder nicht.
Das ist die Art von Justiz die hier herrscht, wenn die Polizei nichts macht.
Es folgten bestimmt hundert Menschen dem Dieb.
Der Mittäter war nicht zuhause und so kam die weiter gewachsene Menge mit dem Dieb in der Mitte wieder. Mittlerweile war ihm ein Reifen umgelegt worden und meine Jungs (die das glücklicherweise auch nicht so toll fanden) zogen mich mit sich "this is too sad to watch it" sagten sie. Nach meiner Nachfrage antworteten sie, dass die Menge den Dieb mit Benzin übergießen wollte um ihn lebendig zu verbrennen. Glücklicherweise hatte die Polizei von der Aktion Wind bekommen und der Menschenmenge folgte die ganze Zeit ein Polizeiauto. Als es dann an die Verbrennung ging, waren auf einmal sehr viele Polizeiautos vor Ort und umkesselten die Menschenmenge. Ein Trupp Polizisten stieß durch die Menge und schnappte sich den Kerl. Der wurde dann in ein Krankenhaus gebracht und hat glücklicherweise überlebt wie ich gehört habe.