Donnerstag, 17. Juli 2014

SCHULE, HANDBALL, FUSSBALL UND: IST DIE APARTHEID VORBEI?




Eine eigene Volksgruppe bilden hier sehr offensichtlich Schwarze, Farbige und Weiße. Nicht überall, dass macht der an dem Bergen des Capes entlanggezogene Stadtstreifen eindrücklich deutlich. Es wohnen Farbige, Schwarze und Weiße nebeneinander.
Die Apartheid ist seit über zwanzig Jahren Geschichte!
Ich würde das gerne überall sehen, aber manchmal werde ich enttäuscht. Wenn sich ein Gast der Schule nähert, auf der Suche nach einer Information, werde ich nicht selten um Weiterhilfe gefragt. Die gebe ich natürlich auch heraus oder ich vermittle weiter an den entsprechenden Lehrer. Aber insgeheim frage ich mich: warum werde immer ich verdammter weißer Freiwilliger gefragt, wo doch überall Lehrer um mich herum sind? Mir ist es schon passiert, dass ich für den Schulleiter gehalten wurde. Irgendwie führen die Fußtritte auf der Suche nach der/dem Verantwortlichen noch immer zur nächstbesten weißen Person, für mich ein alteingefahrenes Muster, dass es zu überwinden gilt.
Nicht lange her, da gab es an der Zenzeleni-Schule, wo ich arbeite, eine Veränderung: Die Mentorin der Schule verließ als einzige langfristig dort arbeitende weiße Mitarbeiterin die Zenzeleni-Schule. Sicher war auch das kein einfaches Arbeitsverhältnis, denn wer aus der weißen Volksgruppe arbeitet schon in Khayelitsha, einem Township der schwarzen Volksgruppe? Dennoch war es deutlich, dass es sich bei allseitiger Bemühung nicht verhindern ließ, das gebotene Gleichgewicht an Verantwortung bei Lehrern und Mentorin zu halten. Die Verantwortung war so sehr auf Seiten der Mentorin, dass es der Schule vielleicht auch gut tut ohne sie zu arbeiten.
Diese Veränderung bedeutet vor allem für uns Freiwillige (vier an der Zahl) noch einmal ein anderes Arbeitserlebnis, wir werden enger mit den Lehrern arbeiten und in mehr Stunden als zuvor begleitend dabei sein.

An der Schule passiert derzeit noch etwas anderes neues, seit Monaten geplant: Die dritte Klasse baut ein Haus, in Verbindung mit der stattfindenden Hausbauepoche. Eine Hausbauepoche bedeutet an einer Waldorfschule nicht, dass die Kinder alle zu Maurern und Dachdeckern erzogen werden. Die Schüler sind dazu aufgerufen sich selbst handwerklich zu versuchen, zu mauern, zu zimmern und selber kluge Ideen zu haben. Das ist ein wichtiger Schritt zur Selbstfindung. Durch mittlerweile zwei Spenden ermöglicht, haben die Drittklässler der Zenzeleni Schule die Gelegenheit, zum ersten Mal ein richtiges Haus zu bauen. Es wird ein kleines Häuschen direkt neben der fünften Klasse für Gartengeräte entstehen. Vor den Ferien habe ich mit den Kindern angefangen das Fundament auszumessen, abzustecken und dann mit Spaten tief genug auszuheben. Zu Beginn der Ferien wurde das Fundament schon zum Teil aufgefüllt, und nach den Ferien, mit dem richtigen Start der Hausbauepoche, wird eine schon von der ganzen Klasse gefüllte Kiste mit Wünschen für das Bauwerk darin platziert. 

 Die Drittkläsler bei den ersten Bauarbeiten

Nach der Schule hat die Fußball Weltmeisterschaft an Spieltagen der Nationalmannschaft die Überhand gewonnen. Nicht selten stieg ich nach der Schule ins Minitaxi und fuhr Freunde besuchen, zum Fußball gucken. Immer im Ohr dabei den wohl schlechtesten Fußballsong der EM 2012 von Kay One: „Finale wir kommen“.

 Eines der unglaublich vielen Minitaxis

Unterwegs hatte ich viel Zeit Dinge um mich herum zu beobachten, denn der Weg von Khayelitsha bis in die Stadt nimmt für mich immer 1 1/2 Stunden in Anspruch. In den Bussen von Golden Arrow ist mir bis jetzt noch nie ein weißer begegnet. Farbige und Schwarze dagegen sind die meisten Passagiere, genau wie in den Minitaxis. Wenn ich aber mal wieder ein bisschen gelangweilt musikhörend aus dem Busfenster schaue, in die Windschutzscheiben der entgegenkommenden Autos hinnein, dann zeigen sich viele Gesichter weißer Hautfarbe!
Ungerecht.
Die WM war ein voller Erfolg. Als ich am Tag nach dem Finale aufwachte hatte ich zwei verschmierte Deutschlandflaggen auf der Backe, eine Vuvuzela und Kopfschmerzen. Aber:
Zum ersten Mal in meinem Leben war Deutschland Weltmeister!

Nachmittags, für mich größer als die Weltmeisterschaft, war das Handballtraining, die Vorbereitung auf die National-Playoffs, das Turnier bei dem Südafrikas bester Handballverein gewinnt. Mit großer Vorfreude trainierten wir in Khayelitsha besonders Mann gegen Mann Situationen, so kamen wir richtig ins kämpfen. Ein paar Ausdauer-Parcours fehlten nicht, der hölzerne Hallenboden bekam in diesen Tagen eine intensive Behandlung von Turnschuhen und Schweißtropfen.
Endlich, Anfang des Monats Juli fand das Turnier statt! Zwölf Herren - Handballteams und eine etwas kleinere Menge Frauenteams versammelten sich in der Sporthalle der Cape Peninsula University of Technology, drei Tage lang sollten Spiele ausgetragen werden. Zur Eröffnung wurde von allen Teams die Nationalhymne Südafrikas gesungen. Und los ging es!
Leider konnten wir unser erstes Spiel nicht siegreich beenden, wir verloren gegen den späteren National-Champion aus Port Elizabeth. Schade, aber immerhin konnte ich gegen den südafrikanischen Nationaltorwart viermal mit einem Tor abschließen.
Im folgenden Spiel kam ich leider nicht ohne Verletzung davon, ich wurde von zwei Gegnerischen Spielern bei einem Tempogegenstoß geschubst und durch den Aufprall an der Wand erlitt ich einen Armbruch von Elle und Speiche. Für mich war das Turnier leider beendet, doch die folgenden Spiele des Khayelitsha Handball Clubs verliefen erfolgreicher, wir gewannen zweimal und wurden Gruppenzweiter. Im Achtelfinale unterlagen wir leider, waren damit ausgeschieden, haben aber eindrücklich unterstrichen dass in Khayelitsha das Handballtraining ernst genommen wird. Wobei nur eine exklusive Minderheit in Khayelitsha überhaupt weiß, was Handball ist! Aber dafür gibt es diesen Verein in Khayelitsha, der den Menschen hier die Möglichkeit gibt den Sport kennen zu lernen.
Ich wiederhole mich, aber: ich war auf diesem Turnier einer von zwei weißen, bei etwa dreihundert Turnierteilnehmern. Es gab ein einziges Hanballteam mit Farbigen. Aber ein Team wo Schwarze, Farbige und Weiße spielen fehlt noch!

 Das Frauenteam des Khayelitha Handball Clubs bei den National-Playoffs