Eine eigene Volksgruppe bilden hier
sehr offensichtlich Schwarze, Farbige und Weiße. Nicht überall,
dass macht der an dem Bergen des Capes entlanggezogene Stadtstreifen
eindrücklich deutlich. Es wohnen Farbige, Schwarze und Weiße
nebeneinander.
Die Apartheid ist seit über zwanzig
Jahren Geschichte!
Ich würde das gerne überall sehen,
aber manchmal werde ich enttäuscht. Wenn sich ein Gast der Schule
nähert, auf der Suche nach einer Information, werde ich nicht selten
um Weiterhilfe gefragt. Die gebe ich natürlich auch heraus oder ich
vermittle weiter an den entsprechenden Lehrer. Aber insgeheim frage
ich mich: warum werde immer ich verdammter weißer Freiwilliger
gefragt, wo doch überall Lehrer um mich herum sind? Mir ist es schon
passiert, dass ich für den Schulleiter gehalten wurde. Irgendwie
führen die Fußtritte auf der Suche nach der/dem Verantwortlichen
noch immer zur nächstbesten weißen Person, für mich ein
alteingefahrenes Muster, dass es zu überwinden gilt.
Nicht lange her, da gab es an der
Zenzeleni-Schule, wo ich arbeite, eine Veränderung: Die Mentorin der
Schule verließ als einzige langfristig dort arbeitende weiße
Mitarbeiterin die Zenzeleni-Schule. Sicher war auch das kein
einfaches Arbeitsverhältnis, denn wer aus der weißen Volksgruppe
arbeitet schon in Khayelitsha, einem Township der schwarzen
Volksgruppe? Dennoch war es deutlich, dass es sich bei allseitiger
Bemühung nicht verhindern ließ, das gebotene Gleichgewicht an
Verantwortung bei Lehrern und Mentorin zu halten. Die Verantwortung
war so sehr auf Seiten der Mentorin, dass es der Schule vielleicht
auch gut tut ohne sie zu arbeiten.
Diese Veränderung bedeutet vor allem
für uns Freiwillige (vier an der Zahl) noch einmal ein anderes
Arbeitserlebnis, wir werden enger mit den Lehrern arbeiten und in
mehr Stunden als zuvor begleitend dabei sein.
An der Schule passiert derzeit noch
etwas anderes neues, seit Monaten geplant: Die dritte Klasse baut ein
Haus, in Verbindung mit der stattfindenden Hausbauepoche. Eine
Hausbauepoche bedeutet an einer Waldorfschule nicht, dass die Kinder
alle zu Maurern und Dachdeckern erzogen werden. Die Schüler sind
dazu aufgerufen sich selbst handwerklich zu versuchen, zu mauern, zu
zimmern und selber kluge Ideen zu haben. Das ist ein wichtiger
Schritt zur Selbstfindung. Durch mittlerweile zwei Spenden
ermöglicht, haben die Drittklässler der Zenzeleni Schule die
Gelegenheit, zum ersten Mal ein richtiges Haus zu bauen. Es wird ein
kleines Häuschen direkt neben der fünften Klasse für Gartengeräte
entstehen. Vor den Ferien habe ich mit den Kindern angefangen das
Fundament auszumessen, abzustecken und dann mit Spaten tief genug
auszuheben. Zu Beginn der Ferien wurde das Fundament schon zum Teil
aufgefüllt, und nach den Ferien, mit dem richtigen Start der
Hausbauepoche, wird eine schon von der ganzen Klasse gefüllte Kiste
mit Wünschen für das Bauwerk darin platziert.
Die Drittkläsler bei den ersten Bauarbeiten
Nach der Schule hat die Fußball
Weltmeisterschaft an Spieltagen der Nationalmannschaft die Überhand
gewonnen. Nicht selten stieg ich nach der Schule ins Minitaxi und
fuhr Freunde besuchen, zum Fußball gucken. Immer im Ohr dabei den
wohl schlechtesten Fußballsong der EM 2012 von Kay One: „Finale
wir kommen“.
Eines der unglaublich vielen Minitaxis
Unterwegs hatte ich viel Zeit Dinge um
mich herum zu beobachten, denn der Weg von Khayelitsha bis in die
Stadt nimmt für mich immer 1 1/2 Stunden in Anspruch. In den Bussen
von Golden Arrow ist mir bis jetzt noch nie ein weißer begegnet.
Farbige und Schwarze dagegen sind die meisten Passagiere, genau wie
in den Minitaxis. Wenn ich aber mal wieder ein bisschen gelangweilt
musikhörend aus dem Busfenster schaue, in die Windschutzscheiben der
entgegenkommenden Autos hinnein, dann zeigen sich viele Gesichter
weißer Hautfarbe!
Ungerecht.
Die WM war ein voller Erfolg. Als ich
am Tag nach dem Finale aufwachte hatte ich zwei verschmierte
Deutschlandflaggen auf der Backe, eine Vuvuzela und Kopfschmerzen.
Aber:
Zum ersten Mal in meinem Leben war
Deutschland Weltmeister!
Nachmittags, für mich größer als die
Weltmeisterschaft, war das Handballtraining, die Vorbereitung auf die
National-Playoffs, das Turnier bei dem Südafrikas bester
Handballverein gewinnt. Mit großer Vorfreude trainierten wir in
Khayelitsha besonders Mann gegen Mann Situationen, so kamen wir
richtig ins kämpfen. Ein paar Ausdauer-Parcours fehlten nicht, der
hölzerne Hallenboden bekam in diesen Tagen eine intensive Behandlung
von Turnschuhen und Schweißtropfen.
Endlich, Anfang des Monats Juli fand
das Turnier statt! Zwölf Herren - Handballteams und eine etwas
kleinere Menge Frauenteams versammelten sich in der Sporthalle der
Cape Peninsula University of Technology, drei Tage lang sollten
Spiele ausgetragen werden. Zur Eröffnung wurde von allen Teams die
Nationalhymne Südafrikas gesungen. Und los ging es!
Leider konnten wir unser erstes Spiel
nicht siegreich beenden, wir verloren gegen den späteren
National-Champion aus Port Elizabeth. Schade, aber immerhin konnte
ich gegen den südafrikanischen Nationaltorwart viermal mit einem Tor
abschließen.
Im folgenden Spiel kam ich leider nicht
ohne Verletzung davon, ich wurde von zwei Gegnerischen Spielern bei
einem Tempogegenstoß geschubst und durch den Aufprall an der Wand
erlitt ich einen Armbruch von Elle und Speiche. Für mich war das
Turnier leider beendet, doch die folgenden Spiele des Khayelitsha
Handball Clubs verliefen erfolgreicher, wir gewannen zweimal und
wurden Gruppenzweiter. Im Achtelfinale unterlagen wir leider, waren
damit ausgeschieden, haben aber eindrücklich unterstrichen dass in
Khayelitsha das Handballtraining ernst genommen wird. Wobei nur eine
exklusive Minderheit in Khayelitsha überhaupt weiß, was Handball
ist! Aber dafür gibt es diesen Verein in Khayelitsha, der den
Menschen hier die Möglichkeit gibt den Sport kennen zu lernen.
Ich wiederhole mich, aber: ich war auf
diesem Turnier einer von zwei weißen, bei etwa dreihundert
Turnierteilnehmern. Es gab ein einziges Hanballteam mit Farbigen.
Aber ein Team wo Schwarze, Farbige und Weiße spielen fehlt noch!
Das Frauenteam des Khayelitha Handball Clubs bei den National-Playoffs