Donnerstag, 4. September 2014

Kuzo ba mnyama ekhayelitsha - es wird spät in Khayelitsha



Es wird spät in Khayelitsha. Hier eine abendlich beleuchtete Palme in meiner Straße.


Wieder wie am Anfang, wenig Zeit trennt mich von meinem Aufbruch, ich kann es kaum erwarten was nun auf mich zukommt. Gut, ich hoffe natürlich von einem Autounfall absehen zu können, bis jetzt sieht das trotz etwa 15 fach höherem Risiko vielversprechend aus. Ne, im Ernst, ich glaube das kann ich diesmal vermeiden.

Als dann, nur noch ein paar saftige Stunden auf afrikanischem Boden. Zurückblickend habe ich in letzter Zeit viel erleben dürfen, nicht zuletzt einen nochmaligen Besuch meiner Schwester, habe aber auch schon einige Abschiede darunter gehabt.

Seit ein paar Wochen ist ein ganz bestimmtes Projekt an der Schule intensiv am laufen: ermöglicht durch drei Spenden, wird an der Schule von der dritten Klasse gerade ein Haus gebaut. Ein echtes Steinhaus. Ich hatte schon monatelang gearbeitet (ohne Kinder), habe überlegt und gezeichnet wie das Haus denn aussehen sollte, habe auch eine Baugenehmigung bekommen. 
 
Die ersten Maurerarbeiten mit der dritten Klasse.
Dann haben mich meine Pläne in die verschiedensten Läden geführt um das Material zu besorgen. Mit der dritten Klasse haben wir dann Wünsche für das entstehende Haus auf kleine Zettel geschrieben und in eine Holzbox getan, die später in Anwesenheit aller Drittklässler im Fundament als “Grundbox” versenkt wurde. Mittlerweile ist das sehr massive Fundament fertig gegossen und es wurde angefangen mit großem Fleiß zu mauern. Täglich können die Kinder sehen, wie die Mauern des neuen Gartengerätehäuschens wachsen.
 
Mauern auf Tischen!


Konzentration zur Perfektion




Mit großen Augen werden dann am Folgetag die getrockneten Wände abgeklopft. Die Wände sind mittlerweile so hoch, dass die Kinder nicht mehr oben ankommen zum mauern. Mit einer Gruppe habe ich sogar schon angefangen, Dachbalken zuzusägen. Nur merke ich: meine Zeit in Khayelitsha neigt sich dem Ende zu, ich werde es nicht mehr schaffen das Haus mit der dritten Klasse fertig zu stellen. An meine Stelle wird mein Mitfreiwilliger treten. Er ist zwei Wochen länger hier als ich und wird das Haus fertig stellen.
 
Die Kinder der dritten Klasse sägen die ersten Dachbalken zurecht.

Gelebt, genossen und gelacht habe ich vor allem in Khayelitsha, mit meiner Homecrew. Allerdings musste ich lernen, dass diese Homecrew nicht das von mir fälschlicher Weise vorausgesetzte Organisationstalent besitzt. Denn: immer wieder wurde ich kurz gebrieft, dass sich meine Leute mit einer selbst organisierten Abschiedsfeier von mir verabschieden wollen. Nachdem das letzte Wochenende verstrichen war, wurde mir plötzlich klar dass, wenn ich nichts mache, gar nichts stattfinden wird. Am Sonntag meines letzten Wochenendes sprach ich darüber mit meiner Gastschwester, die mir immer eine hilfreiche Tippgeberin bei Problemen war. Wir schrieben eine Liste mit Leuten die kommen sollten, planten einen großen Braai, Grillabend zu machen. Zu dem Fleisch sollte es nach Pumzas Vorstellung Pap und Chakalaka Soße geben. Ich willigte ein, wollte aber noch „French loaf“ besorgen, es lecker zubereiten und zum Nachtisch einen Kuchen backen. Abends ging ich zu meiner Gastmama und bat sie darum, den Grillabend bei uns zuhause machen zu dürfen. Nach einer Bedenkzeit mit TaMzet, meinem Gastpapa wurde mir das nicht erlaubt, da zwei Wochen zuvor der Bruder meines Gastpapas gestorben war. Die Beerdigung war zwar in der Provinz Eastern Cape, Feiern und Feste zuhause sind im Todesfalle in der Kultur der Xhosa nicht vertretbar.

Am nächsten Tag kam ich erst am Abend nach Hause. Die Garage war halb geöffnet, es war zu erkennen dass dort ein paar Personen standen. Ich schlüpfte hinein und damit in eine Truppe von Freundinnen, die die Planung des Abschiedsgrillens ganz offensichtlich in die Hand genommen hatten. Erst blieb mir die Spucke weg, dann legten wir aber zusammen mit unseren Plänen. Ich hörte als Wunsch heraus, dass auch die Eltern eingeladen werden sollten. Ziemlich überwältigt ließ ich die Mädels ihren Plan erzählen. Wir würden im Park die Straße runter grillen, ich würde Fleisch, French loaf und Kuchen zubereiten, die Mädels würden Knabberzeug besorgen. Wieder einen Tag später nahm mich Siphokazi zur Seite und sagte mir, dass ihre Mutter mich sehr gern in der Straße gehabt hätte, sie würde gerne Getränke sponsern. Obendrein hatte Siphokazi's Mama mit ihrer Freundin, der Mama von Nkosinathi (einem Freund von mir) geredet, sie hat mit Abstand das größte Haus in der Straße. Das erzählte mir Siphokazi nun, mit dem Hinweis mal mit Nkosinathis Mama zu reden, die mir ihr Haus zur Verfügung stellen würde. Als ich am Abend bei Siphokazi zuhause hereinschaute saßen beide Mamas da und wir unterhielten uns lange. Als das Gespräch endete strahlte ich vor Freude, hatte einen Ort für den Grillabend und eine Menge netter Worte von den beiden Mamas gehört obwohl doch ich die netten Worte an die Mamas richten wollte. Aber dazu kam es gar nicht! Mit einem lächeln auf den Lippen schlief ich ein. Hier hört die Geschichte ja noch nicht einmal auf: Tata Tyhopho, mein Transport Fahrer erklärte sich bereit, den großen Grill einer Lehrerin mit seinem Pick-up abzuholen. Die Lehrerin hatte mir den Grill für diesen einen Abend geliehen, drei Lehrer wollten ebenfalls zum Grillen kommen. Am Tag davor zog ich los, einzukaufen.

Mein letztes kleines Vermögen investierte ich in essbares, vor allem in die 20 Kilo Fleisch. Beef, Pork und Chicken. Dann noch French loaf und Kuchenzutaten. Nkosinathis Mama kochte Chakalaka und Pumza mit Siphokazi kochte Pap. Es kamen circa vierzig Leute zum Grillen, ein bisschen unwohl fühlte ich mich schon, als ich gebeten wurde mich ganz vorne vor den anderen nieder zu lassen. Jeder der mir nahe stand hielt eine Rede. Dazwischen gab es Gesänge. Von Zeit zu Zeit richtete ich meine Augen nach oben um meine Trauer nicht allzu offensichtlich zu machen. Das ganze hat mich sehr berührt, ich bekam bunte Papiere mit lieben Wünschen, nette Worte und ein leckeres Essen dazu.

Braai am letzten Abend. Ich war wohl der erste umlungu der so etwas erleben durfte!
 KUMNANDI EKHAYELITSHA, ANDIFUNI UKUHAMBA!
(Es ist schön in Khayelitsha, ich möchte nicht gehen!)

Die folgende Nacht schlief ich nicht, ich erlebte Khayelitsha noch einmal von seiner besten Seite bei Nacht überall ging es hin, zu Plätzen die ich kannte, andere die in bester Abendstimmung waren, die ich aber nie gesehen hatte. Ich ließ mich von der Lust zum Tanzen anstecken. In den Frühen Morgenstunden packte ich meinen Koffer. Und ungefragt, wirklich ungefragt säuberte Nathi den Grill, lud ihn in den Pick-up von Nkosinathis Tata (Vater) und kam zu mir mit der Info, dass ich das Auto ausleihen könnte um den Braai-stand (Grillstand) zurückzubringen. Ich traute meinen Ohren nicht. Zu guter letzt kam noch eine Freundin, Busi aus Ilitha-Park, um mir Tschüss zu sagen, denn sie konnte nicht zum Grillen kommen.

Zu zehnt im Auto (mit Koffern) wurde ich dann zum Flughafen gefahren.

TO KHAYELITSHA:

I HAD AN INCREDIBLY GOOD YEAR, THANKS FOR COMING, HELPING TO ORGANIZE (THE BRAAI), CHOOSING GOOD WORDS, BEEING CLOSE TO ME AND THANKS FOR GIVING ME THIS BEAUTIFUL INSIGHT. ENKOSI KAKHULU
(by umlungu, a.k.a. Themba Mndende)

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