Es wird spät in Khayelitsha. Hier eine abendlich beleuchtete Palme in meiner Straße. |
Wieder
wie am Anfang, wenig Zeit trennt mich von meinem Aufbruch, ich kann
es kaum erwarten was nun auf mich zukommt. Gut, ich hoffe natürlich
von einem Autounfall absehen zu können, bis jetzt sieht das trotz
etwa 15 fach höherem Risiko vielversprechend aus. Ne, im Ernst, ich
glaube das kann ich diesmal vermeiden.
Als
dann, nur noch ein paar saftige Stunden auf afrikanischem Boden.
Zurückblickend habe ich in letzter Zeit viel erleben dürfen, nicht
zuletzt einen nochmaligen Besuch meiner Schwester, habe aber auch
schon einige Abschiede darunter gehabt.
Seit
ein paar Wochen ist ein ganz bestimmtes Projekt an der Schule
intensiv am laufen: ermöglicht durch drei Spenden, wird an der
Schule von der dritten Klasse gerade ein Haus gebaut. Ein echtes
Steinhaus. Ich hatte schon monatelang gearbeitet (ohne Kinder), habe
überlegt und gezeichnet wie das Haus denn aussehen sollte, habe auch
eine Baugenehmigung bekommen.
Dann haben mich meine Pläne in die
verschiedensten Läden geführt um das Material zu besorgen. Mit der
dritten Klasse haben wir dann Wünsche für das entstehende Haus auf
kleine Zettel geschrieben und in eine Holzbox getan, die später in
Anwesenheit aller Drittklässler im Fundament als “Grundbox”
versenkt wurde. Mittlerweile ist das sehr massive Fundament fertig
gegossen und es wurde angefangen mit großem Fleiß zu mauern.
Täglich können die Kinder sehen, wie die Mauern des neuen
Gartengerätehäuschens wachsen.
Konzentration zur Perfektion |
Mit großen Augen werden dann am
Folgetag die getrockneten Wände abgeklopft. Die Wände sind
mittlerweile so hoch, dass die Kinder nicht mehr oben ankommen zum
mauern. Mit einer Gruppe habe ich sogar schon angefangen, Dachbalken
zuzusägen. Nur merke ich: meine Zeit in Khayelitsha neigt sich dem
Ende zu, ich werde es nicht mehr schaffen das Haus mit der dritten
Klasse fertig zu stellen. An meine Stelle wird mein Mitfreiwilliger
treten. Er ist zwei Wochen länger hier als ich und wird das Haus
fertig stellen.
Die Kinder der dritten Klasse sägen die ersten Dachbalken zurecht. |
Gelebt,
genossen und gelacht habe ich vor allem in Khayelitsha, mit meiner
Homecrew. Allerdings musste ich lernen, dass diese Homecrew nicht das
von mir fälschlicher Weise vorausgesetzte Organisationstalent
besitzt. Denn: immer wieder wurde ich kurz gebrieft, dass sich meine
Leute mit einer selbst organisierten Abschiedsfeier von mir
verabschieden wollen. Nachdem das letzte Wochenende verstrichen war,
wurde mir plötzlich klar dass, wenn ich nichts mache, gar nichts
stattfinden wird. Am Sonntag meines letzten Wochenendes sprach ich
darüber mit meiner Gastschwester, die mir immer eine hilfreiche
Tippgeberin bei Problemen war. Wir schrieben eine Liste mit Leuten
die kommen sollten, planten einen großen Braai, Grillabend zu
machen. Zu dem Fleisch sollte es nach Pumzas Vorstellung Pap und
Chakalaka Soße geben. Ich willigte ein, wollte aber noch „French
loaf“ besorgen, es lecker zubereiten und zum Nachtisch einen Kuchen
backen. Abends ging ich zu meiner Gastmama und bat sie darum, den
Grillabend bei uns zuhause machen zu dürfen. Nach einer Bedenkzeit
mit TaMzet, meinem Gastpapa wurde mir das nicht erlaubt, da zwei
Wochen zuvor der Bruder meines Gastpapas gestorben war. Die
Beerdigung war zwar in der Provinz Eastern Cape, Feiern und Feste
zuhause sind im Todesfalle in der Kultur der Xhosa nicht vertretbar.
Am
nächsten Tag kam ich erst am Abend nach Hause. Die Garage war halb
geöffnet, es war zu erkennen dass dort ein paar Personen standen.
Ich schlüpfte hinein und damit in eine Truppe von Freundinnen, die
die Planung des Abschiedsgrillens ganz offensichtlich in die Hand
genommen hatten. Erst blieb mir die Spucke weg, dann legten wir aber
zusammen mit unseren Plänen. Ich hörte als Wunsch heraus, dass auch
die Eltern eingeladen werden sollten. Ziemlich überwältigt ließ
ich die Mädels ihren Plan erzählen. Wir würden im Park die Straße
runter grillen, ich würde Fleisch, French loaf und Kuchen
zubereiten, die Mädels würden Knabberzeug besorgen. Wieder einen
Tag später nahm mich Siphokazi zur Seite und sagte mir, dass ihre
Mutter mich sehr gern in der Straße gehabt hätte, sie würde gerne
Getränke sponsern. Obendrein hatte Siphokazi's Mama mit ihrer
Freundin, der Mama von Nkosinathi (einem Freund von mir) geredet, sie
hat mit Abstand das größte Haus in der Straße. Das erzählte mir
Siphokazi nun, mit dem Hinweis mal mit Nkosinathis Mama zu reden, die
mir ihr Haus zur Verfügung stellen würde. Als ich am Abend bei
Siphokazi zuhause hereinschaute saßen beide Mamas da und wir
unterhielten uns lange. Als das Gespräch endete strahlte ich vor
Freude, hatte einen Ort für den Grillabend und eine Menge netter
Worte von den beiden Mamas gehört obwohl doch ich die netten Worte
an die Mamas richten wollte. Aber dazu kam es gar nicht! Mit einem
lächeln auf den Lippen schlief ich ein. Hier hört die Geschichte ja
noch nicht einmal auf: Tata Tyhopho, mein Transport Fahrer erklärte
sich bereit, den großen Grill einer Lehrerin mit seinem Pick-up
abzuholen. Die Lehrerin hatte mir den Grill für diesen einen Abend
geliehen, drei Lehrer wollten ebenfalls zum Grillen kommen. Am Tag
davor zog ich los, einzukaufen.
Mein
letztes kleines Vermögen investierte ich in essbares, vor allem in
die 20 Kilo Fleisch. Beef, Pork und Chicken. Dann noch French loaf
und Kuchenzutaten. Nkosinathis Mama kochte Chakalaka und Pumza mit
Siphokazi kochte Pap. Es kamen circa vierzig Leute zum Grillen, ein
bisschen unwohl fühlte ich mich schon, als ich gebeten wurde mich
ganz vorne vor den anderen nieder zu lassen. Jeder der mir nahe stand
hielt eine Rede. Dazwischen gab es Gesänge. Von Zeit zu Zeit richtete
ich meine Augen nach oben um meine Trauer nicht allzu offensichtlich
zu machen. Das ganze hat mich sehr berührt, ich bekam bunte Papiere
mit lieben Wünschen, nette Worte und ein leckeres Essen dazu.
Braai am letzten Abend. Ich war wohl der erste umlungu der so etwas erleben durfte! |
KUMNANDI
EKHAYELITSHA, ANDIFUNI UKUHAMBA!
(Es
ist schön in Khayelitsha, ich möchte nicht gehen!)
Die folgende Nacht schlief ich nicht, ich erlebte Khayelitsha noch einmal
von seiner besten Seite bei Nacht überall ging es hin, zu Plätzen
die ich kannte, andere die in bester Abendstimmung waren, die ich
aber nie gesehen hatte. Ich ließ mich von der Lust zum Tanzen anstecken. In den Frühen Morgenstunden packte ich
meinen Koffer. Und ungefragt, wirklich ungefragt säuberte Nathi den
Grill, lud ihn in den Pick-up von Nkosinathis Tata (Vater) und kam zu
mir mit der Info, dass ich das Auto ausleihen könnte um den
Braai-stand (Grillstand) zurückzubringen. Ich traute meinen Ohren
nicht. Zu guter letzt kam noch eine Freundin, Busi aus Ilitha-Park,
um mir Tschüss zu sagen, denn sie konnte nicht zum Grillen kommen.
Zu
zehnt im Auto (mit Koffern) wurde ich dann zum Flughafen gefahren.
TO
KHAYELITSHA:
I
HAD AN INCREDIBLY GOOD YEAR, THANKS FOR COMING, HELPING TO ORGANIZE
(THE BRAAI), CHOOSING GOOD WORDS, BEEING CLOSE TO ME AND THANKS FOR
GIVING ME THIS BEAUTIFUL INSIGHT. ENKOSI KAKHULU
(by
umlungu, a.k.a. Themba Mndende)